Das »Steinerne Gotteshaus«

Aufgeschrieben im Juni 2004 von Erka Speil


Wir nennen unsere Kapelle »Steinernes Gotteshaus«.

Wir hatten auch schon einmal ein »Hölzernes Gotteshaus«. Es stand an
der gleichen Stelle. Wir haben es 1945 aus Holz errichtet.

Unseren Kapellenraum im Kloster konnten wir ab 1941 nicht mehr benutzen.
Er ist den Nationalsozialisten zum Opfer gefallen. Die hatten das Kloster bis
1945 besetzt. Unsere Maristen waren verbannt. Die Seelsorge in Ahmsen
erfüllten sie heimlich und unter großen Gefahren. Als sie zurückkamen, hatten
wir schon unsere Notkapelle aus Holz.

Von 1958 bis 1962 ersetzten wir die Holzmauern nach und nach durch Stein-
mauern. Auf dem ursprünglichen Grundriss des »Hölzernen Gotteshauses«
entstand das »Steinerne Gotteshaus«. Am 21. November 1962 haben wir
unsere Kapelle »Sankt Johannes von der lateinischen Pforte« eingeweiht.
Sankt Johannes ist der Schutzpatron von Ahmsen. Ihm zu Ehren findet bei
uns jährlich zum 6. Mai eine Flurprozession statt.

Im Laufe der Zeit wurde die Sankt Johannes Kapelle durch verschiedene An-
und Umbauten und die Gestaltung des Kirchenumfeldes an die Erfordernisse
der Zeit angepasst. Heute bietet unser »Steinernes Gotteshaus» 160 Besu-
chern Platz. Es hat einen hell und freundlich gestalteten Innenraum, bleiver-
glaste farbige Fenster und schlanke Säulen, die ein schwer aussehendes
Tonnengewölbe tragen.

Für uns ist unser »Steinernes Gotteshaus« ein schöner Ort für ein Gespräch
mit Gott.



Volkskunst

Aufgeschrieben im Juni 2005 von Erka Speil


Ich meine, wenn Volkskunst die Gestaltung eines zeitlichen und volkstums-
bedingten Gesichtspunktes durch Laien ist, findet sich dafür in unserer
Johannes Kapelle ein eindruckvolles Beispiel: 1944 stellten Ahmsener Frauen
auf drei Wandteppichen die Hauptanliegen der Christen in dieser schlimmen
Kriegszeit dar.

Der erste Teppich zeigt die österlichen Symbole Kelch, Lamm und Siegesfahne
und drückt durch den lateinischen Text „Gib uns Frieden“ den größten
Wunsch der damaligen Zeit aus.

Der zweite Teppich stellt den Apostel Johannes und die heilige Elisabeth von
Thüringen als Patron und Patronin der christlichen Nächstenliebe dar.
Verdeutlicht wird dies bei dem Evangelisten durch die erhobene rechte Hand,
das Buch und den Adler, bei der Heiligen durch ein Kind, das ihr bittend seine
Hände entgegenstreckt, um die im Mantel verborgenen Gaben zu erhalten. Die drei
Personen symbolisieren die Nächstenliebe, die zum überleben des fürchterlichen
Krieges dringend notwendig ist.

Auf dem dritten Teppich trägt ein Engel in der linken Hand eine Waage als Zeichen
der Gerechtigkeit und des Gerichtes, seine rechte Hand ruht auf dem Richtschwert.
Der heilige Josef lässt seine rechte Hand zum Zeichen der Versöhnung auf der
Zimmermannssäge ruhen. Beide Personen weisen auf das Abwägen von Schuld und
Sühne nach dem Ende des Krieges hin.

Ihre an byzantinische Mosaiken und Ikonenmalerei erinnernden Darstellungen sind
voller themenbezogener Symbole.

In der Renovierungszeit der Johanneskapelle von 1958 bis 1962 malte ein Mönch
des Klosters Maria Laach ein Wandbild, das die Kreuzigung Christi, und ein Decken-
gemälde, das Christus als Weltenherrscher zeigt. Er setzte die Annäherung an die
Mosaik- und Ikonenmalerei in seiner Darstellung von Schuld und Sühne, Nächsten-
liebe und Frieden fort.

Das Wandgemälde auf der Rückwand des Altarraumes stellt den stehenden Christus
als Erlöser vor den Mauern seines Hinrichtungsortes Jerusalem dar. Unter dem
linken Kreuzbalken sind die Gottesmutter Maria sowie Maria von Magdala und die
Frau des Klopas zu erkennen. Auf der rechten Kreuzseite stehen der Lieblings-
jünger Johannes und zwei Soldaten. Unter dem Bild steht aus dem Johannes-
evangelium geschrieben „….Weib, siehe dein Sohn ….siehe deine Mutter“ und es
müsste weite heißen: „und von jener Stunde nahm sie der Jünger zu sich“.

Das Deckengemälde zeigt Christus als Weltenherrscher im goldenen Kreis als
Symbol für die ganze Welt. Die erhobene rechte Hand und das Buch weisen auf
das Richteramt hin. Der Heiligenschein symbolisiert die Gottheit Christi. Die beiden
griechischen Buchstaben des Textes stehen für die Geheime Offenbahrung des
Johannes 22 Vers 13: „Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte,
der Anfang und das Ende.“

Für mich sind diese fünf Objekte Volkskunst und ein eindruckvolles Zeitbild von
erlebten Krieg und Frieden in unserer kleinen katholischen Kapellengemeinde.


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